Kalifornier kitzelt Geschmacksnerven

Von Vanessa Barth

Bier mit Limonade, Cola oder Himbeersirup. Als Mischgetränk ist die kühle Erfrischung gerne gesehen. Wenn es aber einzig um Bier geht, dann pochen viele auf das Reinheitsgebot. Robert Leonard aus Kalifornien sieht das etwas anders. Der Hobbybrauer mischt gerne Früchte, Koriander oder Kamille darunter und verleiht dem deutschen Klassiker eine exotische Note.

Der 41-Jährige steht am Herd und rührt in einem großen Stahltopf. Es sieht aus, als ob er eine Suppe kocht. Doch der süßlich-würzige Geruch, der an Malzbonbons erinnert, weist auf einen anderen Inhalt hin. Im Topf köchelt ein Wasser-Malzgemisch, das auch als Maische bezeichnet wird. Aus dem dickflüssigen Brei wird der Hobbybrauer nach und nach eine Malzzuckerlösung gewinnen. Sie ist für den späteren Gärprozess unerlässlich.

Soweit gibt es keinen Unterschied zu klassischen Brauverfahren. Doch Leonard will heute ein Bier mit besonders viel Hopfen nach amerikanischem Vorbild brauen. „Dieses Bier ist sehr stark im Geschmack und sehr bitter“, sagt er, während er duftende Hopfenpellets in die Flüssigkeit schüttet. Das deutsche Reinheitsgebot sieht der Kalifornier mit gemischten Gefühlen: „Anfangs dachte ich toll, dass es so etwas gibt. Inzwischen stelle ich mir einige Fragen. Wenn sich Weizen für obergäriges Bier gut eignet, warum darf ich dann nur Gerste für untergäriges Bier nehmen? Die Deutschen trinken zwar gerne Radler, aber ein auf biologische Weise hergestelltes Bier mit Zitronensaft ist nicht erlaubt. “

Durch Rhabarber eine süß-saure Note

In seinem Fall hätte die deutsche Brauordnung viele exotische Sorten verhindert. Mal hat er es mit gefrorenen Früchten probiert und mal mit Koriander. Auch Orangenschalen, Espresso, Kamille oder Rhabarbersaft hat er dem Bier beigemengt. „Durch den Rhabarber ist eine süß-saure Note entstanden. Von der Kamille habe ich ein bisschen viel genommen“, der Geschmack habe sich durch längeres Lagern aber verbessert.

Mischen, beobachten, abwarten, probieren. Robert Leonard verfährt beim Bierbrauen ein bisschen wie ein Wissenschaftler. „Das ist mir aber zu technisch. Dann müsste ich meine Rezepte mehrfach wiederholen. Ich probiere lieber immer wieder etwas Neues.“ Keine seiner Sorten hat er bisher zweimal gebraut. In fünf Jahren sind mehr als 15 verschiedene Biere entstanden. Das entspricht der Zeit, die er in Deutschland lebt. Warum er angefangen hat? „Das Bier in Deutschland schmeckt gut“, formuliert er vorsichtig, aber er habe seine amerikanischen Sorten vermisst.

Ohne Kreativität keinen Spaß

Bob und Jackl

Robert Leonard und Jakl prüfen, ob die Malzlösung die richtige Farbe und Konzentration besitzt.

 

Der 41-Jährige erwarb eine Grundausstattung zum Brauen, wälzte Bücher und stöberte nach englischen Bierrezepten. Die Zutaten bestellte er im Internet und entschied sich dabei bewusst für obergärige Hefesorten. „Sie entwickeln beim Vergären reichhaltige Bananenaromen und werden oft für amerikanische Biere verwendet.“ Über 100 verschiedene Hefesorten gibt es. 20 davon hat er bereits ausprobiert.

Da er seine Rezepte immer wieder abwandelt, ist ihm nicht immer ein Erfolg beschert. Auch kann es sein, dass ihm beim Umrechnen von Pfund in Kilogramm oder Gallons in Liter ein kleiner Rechenfehler unterläuft. Davon lässt sich der Kalifornier wenig beirren: „Für mich ist das eher ein Spiel. Um herauszufinden was nach was schmeckt, müsste ich eigentlich das gleiche Bier 10- bis 20mal brauen. Das würde aber weniger Spaß machen.“ Seine Idee eine Braulehre zu machen, hat er verworfen. „Ich habe mir ernsthaft überlegt, könntest du zwei Jahre in einem Braukeller stehen und nur Ventile und Knöpfe steuern? Aber nur mit Technik und ohne Kreativität wäre das nichts für mich.“

Mehr Freiheiten für Hobbybrauer in den USA

Viel spannender findet er es, seine exotischen Kreationen zur Verkostung zu Freunden mitzubringen „Ich sage dann immer, probier es und sag mir, was das für ein Bier ist.“ Die Rückmeldungen sind sehr unterschiedlich. „Es gibt solche, die an amerikanischen Bieren und Braumethoden sehr interessiert sind. Andere sind da eher skeptisch.“

Seine Leidenschaft zum Beruf machen und eine kleine Kneipe mit eigenem Ausschank zu eröffnen, darüber hat er durchaus nachgedacht. „In den USA gibt es für Hobbybrauer wenige gesetzliche Vorschriften.“ In Deutschland seien die Vorgaben sehr viel strenger. Deshalb hat Leonard sich für eine Ausbildung zum Lagerlogistiker entschieden. Auf das Bierbrauen in seiner Freizeit will er aber nicht verzichten „Ich finde es gut, erst einmal zwei verschiedene Schienen zu verfolgen. Wenn sich Beruf und Hobby irgendwann durch Glück verbinden lassen, wäre das natürlich eine tolle Sache.“